Ich höre sehr oft von Kunden, dass man sie vor „die Wahl gestellt hat“.
So, als gäbe es nur das Eine oder das Andere.
Daher meine Frage:
Warum „oder“? Warum nicht im Sinne des Kunden „und“!
Dieses Miteinander möchten Diakon Manfred Weißbriacher, Vikariatssekretär, und ich dir heute gemeinsam näherbringen. Erstens, weil wir aus gemeinsam erlebten und gestalteten Trauerfeiern wissen, wie gut diese unseren begleiteten Familien getan haben und welche Erlebnisse wir aus Begräbnissen gemeinsam zaubern konnten. Und Zweitens, weil es uns menschliche und berufliche Freude bereitet mitsammen-zu-tun.
Was passiert denn da beim Bestatter?
Wenn du zu einem guten Bestatter gehst, wirst du ganz bestimmt gefragt werden: „wollen Sie einen Priester, einen Trauerredner oder wollen Sie selbst die Grabrede übernehmen?“. Du hast die freie Wahl.
Mit der Wahl beginnt aber die Qual des Entscheides. Und wonach soll man sich entscheiden?
- War der Papa überhaupt „gläubig“?
- Was sagt denn die Nachbarschaft, wenn da niemand von der Kirche kommt?
- Versteht man den überhaupt bei uns?
- Die Mama ist doch immer in der Kirche gewesen.
Hierbei möchten Manfred und ich dir dieses Mal helfen.
Nehmen wir das „und“ gleich vorweg.
Was würdest du dir erwarten, wenn du hörst: „bei diesem Begräbnis kommen ein Priester und ein Grabredner“? Von dem Einen würdest du annehmen, dass er sich um die Abhaltung von Zeremonie und Ritus kümmert und mit seinem Tun und Gebeten die Seele des Verstorbenen Richtung Himmel empfiehlt. Dafür hat ihm die Mutterkirche Verse, Gebete und konkrete Handlungen mitgegeben, die Gott-gefällig und im Kirchenleben Standards sind.
Vom Anderen würdest du erwarten, dass er das weltliche Leben der Person in den Vordergrund seiner Rede hebt, persönliche Anekdoten und liebevolle Erlebnisse der Anwesenden in seinen Nachruf einbindet und so das weltliche Wirken und Werken des/der Verstorbenen noch einmal spürbar für alle Anwesenden würdigt. Vom Trauerredner oder der Rednerin würdest du erwarten, dass sie ohne Floskeln und Formeln, individuell gestaltend und ohne Zuhilfenahme abzulesender Texte auskommt (vielleicht hie und da mal ein kleines passendes Dichter-Zitat).
Was erwartest du Manfred dir von Begräbnissen „mit Trauerredner“?
Dieses gemeinsame Tun ermöglicht, die Hoffnungen und Erwartungen der „Kunden“, also der
Trauernden, in einer größeren Bandbreite abzudecken. Wir hören oftmals: „eh klar, dass muss ein Mensch der Kirche so sagen“, oder „die Texte wirken für viele, die die Sprache der Kirche nicht gewohnt sind, einfach zu fromm und salbungsvoll.“ Viele Riten sind nicht mehr vertraut, weil auch der Umgang mit Tod und Trauer nicht mehr vertraut ist. Durch den Trauerredner und die Abwechslung der Sprechenden kann es viel leichter zu einer würdigen und für alle stimmigen Feier kommen.
Gehen wir jetzt nochmal zurück zu „oder“.
Das heißt, einer der beiden fällt weg. Und dessen Tun und Wirken geht jetzt der Trauerfeier abhanden. Es ist daher doch eigentlich logisch, dass man vom Aufgabenbereich eines Priesters und seines vorgefertigten Tuns/Ritus am Friedhof gar nicht erwarten dürfte, er könne jetzt im selben Umfang nah und persönlich sein wie ein Trauerredner, der eine ganz andere Vorbereitung durch die Familie erlebt hat wie er.
Einer allein – und doch „alles abdecken“.
Es ist für 1 Person, egal ob der kirchlich Beauftragte oder der Trauerredner immer schwierig, alle Erwartungen (ausgesprochene oder auch unausgesprochene) zu erfüllen. Natürlich wird ein jeder für sich auch versuchen, sein Bestes zu geben, aber irgendwie bleibt es schwierig. Traut man dem Trauerredner zu, dass seine „Gebete“ auch eine Wirkung haben, oder klingt gerade das, dann nicht nach einer Floskel? Traut man dem kirchlichen Begräbnisleiter zu, dass er auch die weltlichen Erfahrungen gut abdeckt oder gehört er selbst nicht doch zu einer „anderen Welt“? Viele sind es gewohnt, dass es ein „Entweder – Oder“ gibt und dann doch enttäuscht, wenn so manche Erwartung durch das fehlende „und“ nicht erfüllt werden konnte.
Trauerredner werden oft gefragt ob sie „eh, auch ein Gebet sprechen?“.
Klar – tu ich.
Hier ein Satz den ich von Begräbnisgästen immer wieder höre:
„na, Sie sind 100x besser wie jeder Priester“. Dieser Satz tut mir eigentlich weh.
Er zeigt mir nur, dass das Tun unserer Begräbnisse-begleitenden-Priester und dessen Wirkung völlig falsch verstanden/erwartet wird. Ja, die Welt am Friedhof hat sich geändert – ist moderner geworden. Da hat der junge Beruf des Grabredners viel verändert an „Erwartbarem“ in den letzten ca 35 Jahren.
Es ist aber leicht 100x persönlicher über einen Verstorbenen sprechen zu können, wenn man die trauernde Familie angerufen hat und sie auf das Tun des Grabredners schon beim ersten Kontakt vorbereitet hat. Wenn man dann eine Woche vor dem Begräbnis zu einem Hausbesuch eingeladen wurde, wo alle am Küchentisch im großen Familienkreis beisammengesessen sind und man 1,5-3 Stunden miteinander geplaudert und oft über Anekdoten sogar gemeinsam gelacht hat. Meine Kunden können von mir etwas ganz anderes erwarten und ich daher auch Inhalte affirmiert durch unser „wir kennen uns schon“ ganz anders beim Begräbnis an- und aussprechen.
Siehst du das tun des Priesters beim Begräbnis heute falsch verstanden?
Die Begräbniskultur hat sich verändert aber das Bild und die Erwartungen von Kirche und Priester sind oftmals wie vor 50 Jahren. Nicht nur der Priester leitet mit kirchlichem Auftrag die Begräbnisse. Es gibt auch Diakone, Begräbnisleiter und Begräbnisleiterinnen.
Also auch eine Frau kann „mit kirchlichem Auftrag“ ein Begräbnis leiten. Aber oftmals wird das auch wieder abgelehnt, weil eben nur ein Priester erwartet wird.
Natürlich ist auch der Gedanke: “da muss ich dann zum Pfarrer zu einem Gespräch gehen“ oftmals eine unliebsame Hürde. Leider kommen zu wenige Priester auf den Gedanken, dass sie zur trauernden Familie nach Hause zum Vorbereitungsgespräch gehen könnten. Auch da sind eingesessene Haltungen zu einem Problem geworden. Ich denke, es sind die unausgesprochenen, unterschiedlichen Erwartungen ein Problem auf allen Seiten.
Heutzutage hat ein Pfarrer schon das Problem, dass seine Schäfchen am Sonntag nicht mehr bei ihm in der Kirche sind. Nach der Firmung zur Schulzeit hört es sich in urbanen Gebieten meist auf mit der schulisch noch anerzogenen Frömmigkeit. Der Kontakt fehlt und der durch die Moderne nicht schwindende Priestermangel, läßt „draußen bei den Schäfchen“ den wenigen Glaubensvertretern kaum noch Zeit um überall zu sein.
Erwartet man zu viel vom (entfremdeten) Priester?
Da sag ich mal, hier sollten wohl die gleichen Erwartungen wie bei einem Trauerredner gestellt werden. Wenn vorher kein Kontakt zur Pfarre war, wieso erwartet man sich, dass der Pfarrer alles wissen und kennen muss? Natürlich ist das Argument „entfremdeter“ Priester als Begründung, wieso Etwas nicht den Erwartungen nach geklappt hat, sehr schnell bei der Hand. Aber kirchliche Begräbnisleiter und Trauerredner haben genau dieselbe Ausgangslage und kennen oftmals die Familien noch nicht. Damit es überhaupt zu einem sehr persönlich gestalteten Begräbnis kommen kann, haben Trauerredner und kirchliche Begräbnisleiter die gleiche Hürde „man kennt sich nicht“ zu meistern.
Und hier noch ein paar Vorurteile welche Manfred und ich ansprechen wollen:
Wie stehst du Manfred zu den Vorurteilen:
"die sprechen ja nicht mal mehr Deutsch! "
Klar, kann es vorkommen, dass die Priester nicht gut Deutsch sprechen. Wenn man ihn aber kennt, weil zur eigenen Pfarre eine Beziehung besteht, ist man auch darüber informiert. Wenn man den Priester aber erst beim Begräbnis zum ersten Mal sieht und hört, wird man unter Umständen überrascht sein. Vielleicht gibt es aber auch noch andere kirchliche Begräbnisleiter – wenn Sie jemanden persönlich kennen, so können sie Ihn/Sie auch bitten Ihnen an diesem Tag beizustehen. Nur wer sich im Vorfeld keine Gedanken macht, keine Gespräche oder Alternativen sucht, kann beim Begräbnis enttäuscht werden.
Hier habe ich als Vertreter meiner Zunft auch einen Tipp für dich: der Beruf des Grabredners ist ein „freier“ . Es gibt keine Reglementierungen und keine standardisierten Ausbildungen. Nennen kann sich so jeder. Und es gibt vom Hobby- bis zum angelernten Redner, oder Bestatter, der gern selbst das Rednerhonorar verdienen möchte, „Alles“ da draußen am heimischen Markt. Lies hierzu meinen Blogartikel „Worauf soll ich bei der Trauerredner - Wahl achten?“
Wenn also deine Wahl beim Bestatter auf Priester und/oder Redner fällt, lass dir erzählen, wer da kommt und was der so zu bieten vermag. Bedenke aber, das manche für‘s Büro Angestellte von Bestattungen noch nie draußen bei Trauerfeiern anwesend waren und die einzelnen Personen mitunter gar nicht kennen oder je gehört haben.
"der redet ja nur über Gott, das ist ja mehr Sonntagspredigt."
Klären Sie bitte einfach ab, wie Ihre persönliche Sicht Ihres Glaubens ist und sprechen Sie auch deutlich aus, was Sie vom kirchlichen Begräbnis erwarten. Natürlich ist die kirchliche Ansprache ein „Sprechen über Gott und den Glauben“, davon sprechen die kirchlichen Texte. Aber, es gibt Gestaltungsmöglichkeiten und die kann man nutzen, wenn auch klar ist, was die trauernde Familie eigentlich vom kirchlichen Begräbnisleiter erwartet.
"Hilfts ned, schadts ned."
Mit der Einstellung im Vorfeld, darf man sich über Enttäuschungen nicht wundern. Was erwarte ich mir dann eigentlich noch? Was soll mich noch ansprechen, wenn ich vorher schon deutlich zu verstehen gebe: „für mich, ist der ganze Zauber nur ein Zirkus“.
Ohne klar definierte und Bestattung oder Priester mitgeteilte Erwartungen gebe ich als Kunde nur zu verstehen, dass ich mit Allem, was geboten wird, zufrieden sei. „Es ist mir nicht wichtig.“
Wobei noch die Frage offen wäre, was verstehen wir unter „es hilft“ – oder sollte ich fragen: Wem soll es helfen?“
"Das ist ja nur altmodisch was die tun"
Für manche mag es altmodisch wirken, andere sagen: „das hat Tradition und wird schon Jahrhunderte gleich gemacht“. Sie sehen einen bestehenden und hochzuhaltenden Wert darin.
Wer sich in der Vorbereitung auf ein Begräbnis über die heutigen Möglichkeiten informiert und sich vielleicht sogar entschieden/mutig auf noch Unbekanntes einlässt, zeigt, dass ihm sein Erlebnis am Friedhof ein persönliches Bedürfnis ist.
Dort, wo ich keine Erwartungen ausspreche, darf ich mich auch nicht wundern, wenn ein alter Ritus für mich altmodisch wirkt oder es eben keine persönlichen Elemente in der Feier gibt. Wer hätte sie sonst außer einem selbst beitragen können? Wer kein Ziel (Erwartung) hat, für den ist jeder Weg der Richtige.
Wer Manfred und mich gemeinsam erlebt hat, der weiß wovon ich spreche, wenn ich vom „Erlebnis Begräbnis“ erzähle. Wenn eine Trauerfeier zur Lebensfeier wird und die Würdigung des Verstorbenen vom „Danke an Gott, dass er/sie bei uns war“ begleitet wird. Wenn Trost nicht „gespendet“, sondern im „wir sind hier heute zusammengekommen um…“ erlebbar wird.
Dann wissen auch wir als Diakon und Grabredner, dass wir etwas tief Christliches für Gläubige und weniger Heilige im Sinne der Doktrinen aller Religionsgemeinschaften getan haben.
Uns tut es gut.
Mein heutiger
Tipp:
"Laß dir auch von uns gut tun."
Und tu dir selber gut! Mach dich zu einem emanzipierten Kunden im Thema Begraben und Bestatten.
Mit "entweder oder" gibt's definitiv nur die andere Hälfte!
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